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9. November 1938 – Pogrome gegen jüdische Geschäfte in Görlitz

Am 9. November kam es wie fast überall in Deutschland zu Übergriffen auf jüdische Geschäfte (z.B. Textilhaus Fischer auf der Bismarckstraße und Konfektionsgeschäft Horn auf der Steinstraße 1) und Synagogen sowie zu Verhaftungen jüdischer Mitbürger. Der durch die Nationalsozialisten herbeigesehnte Anlass für die Pogrome waren die tödlichen Schüsse des 17jährigen Polen Herschel Grynszpan, die er zwei Tage zuvor in Paris auf den deutschen Botschaftsgesandten Ernst vom Rath abgegeben hatte. Das Zentralorgan der NSDAP, der Völkische Beobachter, kommentierte bereits einen Tag später den Vorfall in einem Leitartikel folgendermaßen: „’…Die Schüsse in der Deutschen Botschaft in Paris werden nicht nur den Beginn einer neuen deutschen Haltung in der Judenfrage bedeuten, sondern hoffentlich auch ein Signal für diejenigen Ausländer sein, die bisher nicht erkannten, dass zwischen der Verständigung der Völker letzten Endes nur der internationale Jude steht.’“ (Otto 1990, S. 41).
Die somit legitimierten Übergriffe begannen in Görlitz mit der Brandstiftung an der Synagoge. Der als NSDAP-Anhänger bekannte 17jährigen Jugendliche Ernst Bier war es, der gemeinsam mit einem weiteren 30jährigen Mann am 9. November 1938 gegen 19.00 Uhr ein Fenster an der Synagoge einschlug, hinein stieg und in dem Gotteshaus Feuer legte. Zu dieser Zeit hatten sich schon neugierige Bürger versammelt, welche durch den Vorfall aufmerksam gemacht wurden. Die beiden Brandstifter kamen nach einer Weile wieder aus dem kaputten Fenster heraus gestiegen und gingen von der Menge unbehelligt ihrer Wege. Die Menschen bleiben stattdessen stehen und beobachteten das sich langsam entwickelnde Feuer. Als es offenbar von allein wieder ausgegangen war, zerstreute sich die Ansammlung und man ging nach Hause (vgl. Otto 1990, S. 44). Der im Haus nebenan wohnenden Fritz Cohn alarmierte die Feuerwehr. Diese rückte aus und löschte den Brandherd noch rechtzeitig, bevor er auf weitere Teile der Inneneinrichtung übergreifen konnte. Am darauf folgenden Morgen gelang es einigen Nazis, den auf dem Dach der Synagoge angebrachten Davidstern herab zu reißen und zu zertrümmern. Die nationalsozialistisch orientierte Tageszeitung „Görlitzer Nachrichten“ berichtete darauf hin:
„’… Während abends noch einzelne Gruppen durch die Straßen der Stadt zogen, schlugen aus der Synagoge Flammen. Im Inneren schwelte und qualmte es. Die Inneneinrichtung brannte teilweise aus…’ Am wichtigsten (…) schien offenbar ‚…daß nun endlich der Davidstern verschwunden ist, der bisher als Fremdling das Stadtbild unserer aufragenden Türme störte.’“
(Otto 1990, S. 44). In Verbindung mit dem Anti-Jüdischen Pogrom wurden in Görlitz insgesamt 32 jüdische Bürger festgenommen. 24 von ihnen wurden in das KZ Sachsenhausen deportiert. Unter ihnen befanden sich der Fell- und Häutekaufmann Arthur Hiller, der Lampenhändler Salomon Freundlich, der Häute- und Darmhändler Robert Schaye sowie der Vater von Ruth Schlesinger, Georg Schlesinger (ebd.).
Textilhandlung Stern  (1933) - Postplatz (damals Hindenburgplatz)
Textilhandlung Stern (1933) - Postplatz (damals Hindenburgplatz)
Postplatz heute
Postplatz heute
Textilhaus Fischer
Textilhaus Fischer
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Zerstörungen am 9.11.1938

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